Emotionsregulation

Emotionsregulation – Eine unbeachtete aber sehr erfolgskritische Kompetenz

Zu starke und langanhaltende negative Emotionen beeinflussen den beruflichen Erfolg nachteilig, es gibt jedoch verschiedene Möglichkeiten zur Regulation der Emotionen. Gefühle wie Wut, Ärger, Scham oder Trauer beschäftigen uns im Alltag und auch im Arbeitsleben. Es kommt vor, dass wir uns über Kollegen ärgern oder uns vom Chef ungerecht behandelt fühlen und dann können sich starke Emotionen entwickeln. Emotionen zu empfinden ist erstmal gut und normal, es wird aber zum dann Problem, wenn negative Emotionen sehr stark sind und lange anhalten:

  • Denn dann können wir nicht mehr klar denken, wir erleben Überforderung und werden dadurch handlungsunfähig.
  • Wir sind stressanfälliger, weniger belastbar im Beruf und können unsere Impulse schlechter kontrollieren. Stresshormone werden vom Körper ausgeschüttet.
  • Konzentration und die Fähigkeit Informationen aufzunehmen, zu speichern und wiederzugeben sind eingeschränkt, wodurch schlechtere Entscheidungen im Job getroffen werden. Man ist nicht mehr in der Lage alles wahrzunehmen, wodurch sich die wahrgenommene Realität verzerrt und zu einer falschen Ausgangslage für Entscheidungen führt.
  • Auch das Risiko eine Ein- oder Durchschlafstörung zu entwickeln ist bei geringerer Kompetenz Emotionen zu regulieren höher

Wir können es aber schaffen, unsere zu starken oder zu lange andauernden Emotionen, zu kontrollieren. Emotionen lassen sich jedoch nicht direkt beeinflussen. Es bringt also nichts, wenn man gesagt bekommt „Jetzt beruhige dich doch mal und ärger dich nicht mehr“ oder „Freu‘ dich doch mal mehr“. Wir müssen Umwege gehen, um unsere Emotionen zu regulieren und dafür gibt es vielfältige Methoden. Emotionen lassen sich in dreifacher weise beeinflussen:

  • die aufkommenden negativen Emotionen nicht zu intensiv werden lassen,
  • wenn sie aber schon intensiv sind, dann sollen sie möglichst schnell wieder auf ein normales Maß gebracht werden
  • und die Dauer, über die wir die negativen Emotionen verspüren, soll möglichst kurzgehalten werden.

Die Basis für eine gute Emotionsregulation ist eine gute Selbstaufmerksamkeit. Selbstaufmerksamkeit bedeutet das zeitnahe und genaue Wahrnehmen

  • der eigenen Gefühle. Irgendetwas ist also nicht nur stark negativ, sondern kann differenziert wahrgenommen werden als z.B. Angst, Ärger und/oder Hilflosigkeit.
  • von körperlichen Veränderungen, denn unser Körper dient als Frühwarnsystem und Signale wie z.B. Verspannungen können uns auf unsere Emotionen aufmerksam machen und sind manchmal besser wahrnehmbar als die Gefühle selbst;
  • von Bedürfnissen, denn starke negative Gefühle können von unterversorgten Bedürfnissen ausgelöst werden. Jeder Mensch hat unterschiedliche stark ausgeprägte Bedürfnisse, zum Beispiel das Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung, Sicherheit oder Autonomie. Wurden ein oder mehrere dieser Bedürfnisse schon häufig in der Vergangenheit nicht erfüllt, können später schon kleinere Sticheleien in die jeweilige Richtung starke negative Emotionen auslösen. Diese Situationen werden zu wunden Punkten und man sollte sich bewusstmachen, ob man in bestimmten Situationen aufgrund der verletzten Bedürfnisse überreagiert und ob die eigene emotionale Reaktion angemessen ist. Fühlte man sich zum Beispiel schon als Kind gegenüber seinen Geschwistern vernachlässigt und ungerecht behandelt oder ähnliches, dann entwickelt sich oft ein sehr starkes Bedürfnis nach Anerkennung, was auch im Erwachsenenalter bestehen bleibt. Tritt dann im Berufsleben eine Situation auf, in der man sich vom Chef ungerecht behandelt fühlt, kann es sein, dass Kollegen die Situation wesentlich harmloser beurteilen, weil bei ihnen dieser wunde Punkt nicht aktiviert wurde. Es entwickeln sich ungünstige gedankliche Muster (Gedanken, die automatisch aufkommen und meist unbewusst), die dazu führen, dass die Emotionen so stark und langanhaltend erlebt werden;
  • diese sich abspielenden Gedanken. Denn Gedanken beeinflussen Emotionen bzw. lassen diese erst entstehen. Durch diese Gedanken neigt man dazu, die Situation weitaus dramatischer zu bewerten als diese es an sich hergibt. Bekannte Muster sind hier katastrophisieren, generalisieren und negativieren.

Schaffen wir es nun uns selbst gut wahrzunehmen, dann können wir anfangen, Einfluss auf unsere Emotionen nehmen. Mögliche Strategien sind hier:

  • Verletzte Bedürfnisse bemerken: Erkennen, dass man gerade nur so stark fühlt, weil ein wunder Punkt, wie zum Beispiel das Bedürfnis nach Anerkennung, getroffen wurde. Eigentlich war die Situation gar nicht so schlimm, aber individuell gab es einen guten Nährboden für starke Emotionen.
  • Kognitive Umstrukturierung: Wir bemerken unsere Gedankenmuster und müssen nun abwägen, ob wir mit unseren negativen Emotionen auf die Situation angemessen reagieren oder überreagieren. Gedanken sollten jetzt auf die Waagschale gelegt werden, um zu überprüfen, ob sie der Realität standhalten. Ein Beispiel: „Immer werde ich vom Chef benachteiligt und die anderen bekommen die guten Aufgaben“. Stimmt das? Ist das wirklich realistisch und wahr? Oder reagiert man über und übersieht die ganzen guten Aufgaben, die man selber schon bekommen hat? Stellt man fest, dass man tatsächlich auch schon gute Aufgaben bekommen hat und der Chef nur jetzt gerade jemand anderen ausgewählt hat, dann kann man seine Gedanken neu strukturieren und die Situation positiver bewerten. Das klingt sehr einfach, aber in der Situation fällt der Perspektivenwechseln den meisten Menschen sehr schwer.
  • Ablenkung: Die negativen Gedanken werden beiseitegeschoben und man beschäftigt sich mit anderen angenehmeren Dingen.
  • Aushalten: „Ja o.k., die Emotion ist nicht angenehm, aber kann ich sie aushalten?“ Öfter als man zunächst denkt, kann man diese Frage mit einem Ja beantworten.
  • Relativieren: Hat man z.B. Sticheleien von einem Arbeitskollegen und man ärgert sich darüber, dann kann man sich sagen, dass der Kollege nur einen schlechten Tag hatte, dass man auch andere Stärken hat oder dass genauso gut jeder andere die Sticheleien hätte abbekommen können.
  • Dazu gehören auch selbstberuhigende Methoden, also z.B. Sätze, die man sich selbst sagt. „Der Kollege hatte doch nur einen schlechten Tag und seine Sticheleien stehen nicht in Zusammenhang mit meiner Arbeit oder mir“.

Es gibt auch Strategien, die zunächst auch wirksam, aber unterm Strich eher dysfunktional sind und deshalb besser vermieden werden sollten, weil durch sie meist andere Probleme entstehen:

  • Abwerten des besagten stichelnden Kollegen: „Der ist doch eh so ein Trottel. Auf das was der sagt, kann man nichts geben“, diese Strategie wird oft verwendet und ist zunächst recht wirksam.
  • Frustessen: Essattacken, um sich bei negativen Gefühlen etwas Gutes zu tun und sich zu beruhigen.
  • Vermeidungsverhalten: Der Auslöser der negativen Gefühle wird umgangen, um unangenehme Gefühle nicht aufkommen zu lassen.
  • Drogen: Alkohol trinken, um sich von negativen Gefühlen zu distanzieren.

Vor allem im Beruf ist Emotionsregulation eine bisher wenig beachtete Kompetenz. Für Führungskräfte und Personaler wäre es wichtig ein Auge auf diese Kompetenz zu haben, um den Mitarbeitern entweder gezielte Personalentwicklungsmaßnahmen anbieten zu können oder auch schon während der eignungsdiagnostischen Phase, also bei der Personalauswahl und bei Beförderungsentscheidungen auf diese Kompetenz zu achten. Selbstaufmerksamkeit kann trainiert werden wie ein Muskel und wie beim Sport braucht es einfach ein bisschen (oder auch etwas mehr) Training, wenn man Erfolge sehen will.

Quellen:

Gullone, E., Hughes, E. K., King, N. J. & Tonge, B. (2010). The normative development of emotion regulation strategy use in children and adolescents: A 2-year follow-up study. Journal of Child Psychology and Psychiatry, 51, 567–574.

Hülsheger, U. R., Alberts, H. J., Feinholdt, A., & Lang, J. W. (2013). Benefits of mindfulness at work: the role of mindfulness in emotion regulation, emotional exhaustion, and job satisfaction. Journal of Applied Psychology, 98(2), 310.

Markus Jansson-Fröjmark, Annika Norell-Clarke, Steven J. Linton. The role of emotion dysregulation in insomnia: Longitudinal findings from a large community sample. British Journal of Health Psychology, 2015 (https://www.sciencedaily.com/releases/2015/09/150908093953.htm)

Lammers, C.-H. (2006). Emotionsbezogene Psychotherapie: Grundlagen, Strategien und Techniken, Stuttgart und New York.

Zimmermann, P., Scharf, M., & Iwanski, A. (2008). Negative emotion regulation inventory (NERI). Unpublished Test Manual. University of Wuppertal, Germany/University of Haifa, Israel.

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